Sachplan Infrastruktur Flughafen Basel-Mulhouse

Der vom Bundesamt für Zivilluftfahrt am 23. Mai 2012 vorgelegte Entwurf zum Objektblatt Flughafen Basel-Mulhouse wird von uns grundsätzlich beanstandet:

  1. Aus dem Sachplan Infrastruktur geht hervor, dass insgesamt ein Ausbau des Flughafens ermöglicht wird, der weit über die ursprüngliche Funktion eines Regionalflughafens hinausgehen.
    1. Einerseits wird durch einen Bahnanschluss das Einzugsgebiet des Flughafens in der Schweiz, Frankreich und Deutschland massiv erweitert. Nur um einen Zubringer vom Bahnhof SBB zum Flughafen zu haben, ist ein Bahnanschluss nicht notwendig, da die heutige Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einem Fahrplantakt erfolgt, der mit einem Bahnanschluss niemals erreicht werden kann. Sollte zudem die Busverbindung nach einem Bahnanschluss eingestellt werden, würde das regionale Angebot, den Flughafen zu erreichen, eindeutig zu Lasten eines Anschlusses von grösseren Regionen verschlechtert.
    2. Zudem werden mit einem Bahnanschluss Vorbereitungen getroffen, den Güterverkehr zu intensivieren und damit die Frachtfliegerei, die ohnehin nie im Visier der Zielsetzungen eines Regionalflughafens standen, erweitert.
    3. Im weiteren deuten sowohl die Möglichkeit der Errichtung einer Parallel-Piste als auch die geplanten Flugbewegungen auf einen massiven Ausbau des Flughafens hin. Dies wiederum führt zu massivem Mehrverkehr auf Strasse, Schiene und v.a. Luft.

Dieser Mehr-Flugverkehr über einen der am dichtesten besiedelten Räume in der Nordwestschweiz, führt zu einer Ausweitung der damit verbundenen Risiken für die betroffene Bevölkerung. Diese Risiken sind bis heute weder sorgfältig abgeklärt worden, noch wird dieser Frage im Sachplan Infrastruktur in erkennbaren Weise Rechnung getragen.

Stellungnahme im Detail

Fluglärm

Für den Euro-Airport sind mit der Installation des ILS Südanflüge nicht mehr unter dem Aspekt der Sicherheit zu beurteilen, sondern nur noch auf der Basis organisatorischer Grundlagen. (Dazu muss man wissen, dass die Umstellung von Süd auf Nord und umgekehrt immer einen organisatorischen Zusatzaufwand und eine Zeit der „Nichtnutzung des Pistensystems“ darstellt, denn An- und Abflüge müssen immer in die gleiche Richtung koordiniert werden.) Die Regelung betreffend „Wind von Norden mit mindestens 5 Knoten“ wird sehr weit interpretiert. Die 10%-Anteile für Anflüge aufs Süden geben dem Euroairport eine zu grosse Entscheidungsfreiheit. Anflüge aus Süden müssen weiterhin absolute Ausnahme bleiben und das Südanflugregime ist so rasch als möglich wieder auf Nordanflüge umzustellen. Andernfalls führt dies zu einer Lärmbelästigung über dicht besiedeltem Gebiet, die nicht notwendig und damit vermeidbar wäre.
In Schweden wird der sogenannte „green approach„* bereits praktiziert. Neben dem leiseren Anflugverfahren wird v.a. auch Treibstoff eingespart.
*wird auch als „Continuous Descent Approach, CDA“ bezeichnet.
Kennen Sie die Definition des Nachtflugverbots? –> Landungen zwischen 00.00 und 05.00 und Starts zwischen 00.00 und 06.00h sind verboten!! Also 5 h Nachruhe.
Die Grundproblematik besteht darin, dass die politischen Vertreter von BS und BL bei den seinerzeitigen Verhandlungen zu wenig vom Problem verstanden haben und die Frage der wirtschaftlichen Bedeutung des Flughafens derjenigen des Sicherheits- und Ruhebedürfnisses der eigenen Bewohner mehr Gewicht beigemessen haben. (Zur Politik von Herrn Ballmer: Er ist VR des EAP und damit auftragsgemäss dazu verpflichtet, alles zur wirtschaftlichen Entwicklung des EAP beizutragen. Einschränkungen zum Flugverkehr wegen Lärm gehören nicht dazu. Aber Einschränken wegen der Sicherheit schon! Er orientiert sich dabei an der (schlechten) Vereinbarung mit Frankreich, welche einen Südanfluganteil von 8% zulässt und Massnahmen erst ab 10% geprüft werden müssen. Dies nachdem während Jahren aus meterologischen Sicht nur max. 4% der Flüge aus dem Süden landeten! Schlecht verhandelt und jetzt noch zuschauen.)

Die Auswirkungen zeigen nun deutlich, dass die Vereinbarung nachgebessert werden muss und zusätzliche Reglementierungen, wie z.B. eine Verlängerung des bestehenden Nachtflugverbotes notwendig sind.
Zuallererst geht es aber darum, dass sich die Behörden dafür einsetzen, dass nur schon die bestehenden Regelungen eingehalten werden. Der bisherige Ablauf zeigt, dass dies teilweise nicht der Fall ist, d.h. es werden nach wie vor ein zu hoher Prozentsatz der Anflüge aus Süden abgewickelt. Dabei geben das BAZL und der Flughafen mittlerweile zu, dass meine schon seit längerem geäusserte Befürchtung Tatsache ist, dass die Rückumstellung von Süd- auf Nordanflüge für den Flughafen mit Aufwand verbunden ist und deshalb mit zunehmender Verzögerung erfolgt.
Wir setzen uns im Rahmen unserer Möglichkeiten als Partei dafür ein, dass bei den zuständigen Behörden das Problem auf die Traktandenliste kommt und entsprechend behandelt wird. Fluglärm lässt sich in einer wirtschaftlich wichtigen Region im Umfeld eines nationalen Flughafens nie ganz vermeiden lassen. Aber es gibt andere Modelle, diesen Fluglärm zu managen, durch organisatorische, finanzielle und technische Massnahmen:

  • Sichtanflugverfahren: Bei guten Sicht- und Wetterverhältnissen und Nordwindlage, Anflug im Sichflugverfahren, wie dies bis zum Dezember 2007 und während der Pistensanierung Mai/Juni 2011 zur Anwendung kommt. Damit werden Südanflüge im Instrumenten-Anflugverfahren (ILS 33) von Süden nur noch in Ausnahmefällen (wie seinerzeit versprochen) notwendig.
  • Zeitliche Regelungen: Start- und Landeverbote für bestimmte Zeiten (liegen in der Kompetenz des VR des EAP). Da Basel Hauptausweichflughafen für Zürich ist, riskieren wir sonst, dass alle Flugzeuge, die ZCH mit Verspätung erreichen, nach Basel weitergereicht werden. Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass in der Schweiz zwischen 22.00 – 5.00 Uhr ein Nachtfahrverbot für Lastwagen gilt.
  • Tarifliche Regelungen: Start- und Landegebühren für lärmintensive Flugzeuge zu bestimmten Zeiten prohibitiv anheben bzw. einzelne Flugzeugtypen ganz ausschliessen; allerdings darf dies nicht dazu führen, dass der EAP insbesondere in der Nacht sich auf Kosten der Bevölkerung finanziell bereichern kann. (liegen in der Kompetenz des VR des EAP)
  • Umstellung auf Südanflüge erst ab 10 Knoten Windgeschwindigkeit; diese Regelung galt bereits vor der Inbetriebnahme des ILS 33. Diese Regelung ist nicht flugtechnisch relevant, sondern eine politische Grösse. Flugzeuge sind – mit entsprechenden Sicherheitsreserven eingerechnet – bis zu 10 kn Rückenwind zertifiziert. (War bereits eine gültige Regelung vor Dez. 2007; kann mit entsprechenden Gesprächen bei den Luftfahrtbehörden von F und CH wiedereingeführt werden.) Basel verfügt über die längste Piste in der Schweiz. Deshalb kann die höhere Anfluggeschwindigkeit mit einem längeren Anhalteweg problemlos kompensiert werden.
  • Steilere Anflugwinkel (aufwändigere Abklärungen und Verfahren notwendig).
  • Einführen des green approach“ Verfahrens (CDA). (langfristige Zielsetzung)
  • Zum Bahnanschluss: Der EAP will ja nicht das bestehende Passagieraufkommen ökologischer zum Flughafen bringen, sondern der Bahnanschluss wird vom EAP nur deshalb begrüsst, weil man sich davon eine Ausweitung des Passagieraufkommens verspricht. Und dies heisst für uns: weniger Sicherheit und mehr Fluglärm.

Diese Aufzählung ist nicht abschliessend, dürfte aber fürs Erste ausreichend Diskussionsstoff liefern.

Die SVP hat an ihrer Parteiversammlung eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit dem Thema weiter befassen wird.

2011: Pistensanierung und Südanflüge

Vom 3. Mai bis 9. Juli 2011 wird am Euroairport die Piste saniert. In dieser Zeit ist das ILS-33 ausgeschaltet und es werden die klassischen Sichanflug-Verfahren von vor Dezember 2007 zur Anwendung gelangen.
„Mehr Sichtanflug – weniger Südanflug“ Beitrag Hanspeter Weibel, BAZ030511 Mehr Sichtanflüge-weniger Südanflüge
„Südanflüge vom 3. Mai bis 7. Juli 2011 ausgesetzt“ Beitrag Hanspeter Weibel 2011_18_05_05_2011_bo Südlandungen ausgesetzt –

Abschaffung der Fluglärmkommission;
Postulat zur Abschaffung der Fluglärmkommission, eingereicht von Hanspeter Weibel am 5.5.2011
„Fluglärmkommission ist überflüssig“, Beitrag Hanspeter Weibel, BaZ 23092011 Fluglärmkommission bleibt bestehen

–> Unsere Vorschläge für Lösungsansätze

2010: Geschicktes Anflugregime verhindert Überschreitung der Interventionsgrenze von 10%*:

„Südanflüge und die Sicherheit“ Beitrag Hanspeter Weibel,  baz-2011-jan-08-suedanfluege-oder-sicherheit
„Fluglärm oder Sicherheit“ Beitrag Hanspeter Weibel, BAZ 20.9.2010
„Fluglärm“ Beitrag Hanspeter Weibel BiBo 22.7.2010
„Die Anliegen ernst nehmen“ Beitrag Hanspeter Weibel BAZ 20.7.2010
„Das Nachflugverbot nützt allen“ Beitrag von Ernst Bringold BaZ 17.7.2010
* vgl. Kommentar zu 2009; damals wurde, trotz Nordwind, die magische Grenze von 8% nicht überschritten. Flugmanagement im Dezember hat Tradition.

„Bericht der Fluglärmkommission“ Beitrag Hanspeter Weibel BiBo 8.7.2010
–> Umwelt und Energiekommision des Landrates: 2010-198_Bericht über den Stand der Bemühungen zur Verminderung der Fluglärmbelastung im Jahre 2009
–> Harte Kritik an Fluglärmkommission: BAZ 10.8.2010
Und dies sagt deren Präsident, Peter Bachmann, dazu: Peter Bachmann rechnet aber nicht damit,
dass diese tatsächlich ergriffen werden. «Dieser Punkt des Vertrages ist kaum einzuhalten. Denn Sicherheit geht vor Lärmschutz. Es ist anzunehmen, dass ein Wert über zehn Prozent ein meteorologisch bedingtes, einmaliges Ereignis wäre.
Das ist mehr als nur unkritisch; dieser Präsident weiss nicht, von was er spricht. Da wundert das Resultat des Berichtes nicht.
„Viel Getöse um den Euro Airport“, Berichterstattung aus dem Landrat:  BAZ 15.10.2010
„Wenig Verständnis für den Flughafen“ Beitrag von Hanspeter Weibel: BAZ 7.7.2010
„Aus dem Landrat: Fluglärmbericht“ Beitrag von Hanspeter Weibel BiBo 28.10.2010

Das BAZL überprüft

Nachdem absehbar ist, dass der Anteil der Südanflüge 2008 die 8%-Grenze überschreiten wird, hat das BAZL angekündigt, mit Frankreich Verhandlungen zur Reduktion der Südanflüge aufzunehmen.
Baz_18-12-08
2008 betrug der Anteil der Südanflüge 8.9% (BaZ, 2.1.09)